Konrad Korek

Aus dem Leben einer Legende

Tag: Privatdetektiv

Kapitel I – Teil 3: Ja, die war zu

 

Zugegeben, ich machte das noch nicht so lange. Ich wusste aber, wie der Hase läuft. Seite 5 dieses wunderbar spannenden Krimis schien einige Analogien zu meinem aktuellen Fall zu enthalten, zu meinem neuen Fall, die Art von Fall,  die man lösen konnte, doch die nicht jeder zu lösen in der Lage wäre. Also – für mich sollte das kein Problem sein.

Da war diese Frau, attraktiv, verängstigt, blond. Sie fühlte sich verfolgt und ich war es, den sie erwählt hatte, der Wurzel ihrer Ängste auf den Zahn zu fühlen. Wer konnte es sein, der dieser liebreizenden scharfen Schnitte nachspionierte? Ein heimlicher Verehrer? Vermutlich. Oder ihr eifersüchtiger Freund? Hatte sie einen Freund? Mist, ich hätte sie fragen sollen.

Nun gut, so will ich mich auf den Weg machen, mich ins Dickicht des Bösen stürzen und im tiefen Gestrüpp der Lügen nach der Wahrheit wühlen. Dafür musste ich hellwach sein.

Also machte ich mir erst einmal einen Kaffee. Oh ja, einen Kaffee. Mit meinem Kaffeevollautomaten 900 sensor titan von WMF – natürlich aus Holz, Sonderanfertigung – lässt sich ein Aroma aus den frisch gemahlenen kolumbianischen Bohnen extrahieren, das die Leistung eines herkömmlichen Geräts weit in den Schatten stellt. Einfach überlegen. Genau das Richtige für einen Kerl wie mich.

Also dann. Das Koffein begann in meinem Blutkreislauf zu arbeiten. Ich war wach und hungrig, meine Sinne scharf wie die Klinge eines Samuraischwerts. Ich meine nicht so ein Touristenmitbringsel-Samuraischwert, das sich diese Möchtegern-Abenteurer nach ihrer Urlaubsrückkehr auf den Kaminsims stellen, sondern eher so ein richtig scharfes Schwert. Eben so eins, das die früher wirklich benutzt haben, diese Chinesen – oder Japaner? Na ja, Sie wissen schon, nä?

Einmal mehr machte ich mich auf den Weg. Ich zog die Haustür fest ran, rüttelte noch einmal kurz. Ja, die war zu. Ich würde ihn kriegen – dieses Früchtchen. Wollten wir doch mal sehen, ob diese niedrige, junge Frauen verfolgende Kreatur nicht aus ihrem Gebüsch aufzuschrecken sein würde. Ich wanderte entlang der großen Straße, warf meinen Blick links und rechts in die dunklen Gassen. Gestank drang aus diesen zwielichtigen Winkeln. Das ist der Geruch der Wahrheit. Hier würde ich gewiss finden, wonach ich suchte. Ich bog ein, Schritt für Schritt watete ich tiefer in den Morast des Verbrechens. Plötzlich ein Knall. Eine Katze heulte auf und rannte davon. Etwas hatte sie aufgeschreckt. Hinter einem Müll-Container tummelten sich große Schatten. Dumpfes Getuschel fremder Sprachen aus fernen Ländern komponierten Klänge von Verschwörung und Gewalt. Irgendwelche Hintermänner – vermutlich. Ich näherte mich ihnen ninjaleisen Fußes. Ich war auf alles gefasst. Nur nicht auf das, was jetzt geschah!

 

Kapitel I – Teil 2: Das Übliche

Es war wieder einer dieser verdammten Tage. So fing einmal mehr der Krimi an, den ich gerade begonnen hatte zu lesen, als plötzlich eine Frau hereinkam. Sie trug ein rotes Kleid, rote Schuhe und roten Lippenstift. Ihr Haar, ja, ihr Haar? Stell’ Dir die Musik einer Harfe vor, gespielt von einer anderen schönen Frau: So wie diese Musik klingt, so unglaublich schön klang ihr Haar schwungvoll, betörend harmonisch, ihren Hals hinunter, an den Schultern entlang, und kehrte auf der Höhe ihres Schlüsselbeins kurz um, um auf das zu weisen, was mich letztendlich wohl dazu verführt hatte, mit dem Stuhl nach hinten umzukippen. Ich sollte nicht mehr kippeln. Das hat meine Lehrerin damals auch immer gesagt. “Konrad”, hat sie gesagt, “hör auf zu kippeln”. Das Gesicht dieser Frau dort vor meinem Schreibtisch war, um mal zu ‘nem Ende zu kommen, also auch wirklich hübsch und nun fing sie an zu sprechen: “Ich brauche Ihre Hilfe!”

“Ohje”, dachte ich mir. Das Übliche wieder: “Herr Korek, Herr Korek! Ich glaub’ mein Mann betrügt mich!” Gewiss würde sie das gleich sagen. Dachte ich mir. Tat sie aber nicht. Stattdessen: “Ich glaube jemand verfolgt mich!” Es war also das andere Übliche. Während sie so erzählte und ich dann und wann eine Frage zwischen ihre Ängste schmiss, fiel mir ein, dass ich mich am Morgen nicht rasiert hatte.

Sie musste mich ziemlich heiß finden. Konrad Korek. Privatdetektiv. Ich machte mir fix – aber natürlich ohne jede Eile – eine Zigarette an, um meinen Sexappeal zu maximieren. Ich rauchte übrigens nur deshalb diesmal keine Zigarre, weil ich an dem Tag schon eine gehabt hatte und seit da diese Geschichte mit meiner Darmfauna war…oder war das -flora?  Na ja, sie wissen schon, nä? Jedenfalls, als das arme Ding dann mein Büro verließ – sie tat mir wirklich leid, hatte mächtig Angst, das Mädchen – schaute ich ihr auf den Arsch. Geiles Teil.

Nun hatte ich also einen Auftrag, einen Fall. Fall. Was “Fall” nicht alles bedeuten kann! Da gibt es den Fall, den man deklinieren konnte und den Fall, den man fallen konnte, ja und den Fall, den man lösen konnte und den ich jetzt lösen würde. Ich hatte sofort meine Recherche begonnen. Ich öffnete meine Unterlagen und las “Es war wieder einer dieser verdammten Tage…” – Das wird schwerer als erwartet.

 

Kapitel I – Teil 1: Die ganz alte Schule

Dienstag, 16. Februar 2014, Stadt des Verbrechens, Deutschland

Das Telefon klingelte. *Ring* Ich schaute hinüber. Wer würde das wohl sein? *Ring* Ich zog genüsslich an meiner Zigarre. *Ring* Ich hob den Hörer ab. Der Qualm in meiner Lunge strömte durch meine Stimmbänder, trocknete sie aus. Tief und kratzig, reif und vollkommen sagte ich: “Privatdetektei Korek, Konrad Korek am Apparat. Ich bin Privatdetektiv.”

Wirres Gerede am anderen Ende. Eine hohe Stimme, sie kam mir bekannt vor. “Privatdetektiv? Junge, was machst du denn für Sachen? Du sollst dich doch nicht in Gefahr bringen, hörst du?!” Ich legte auf. Wieder einer dieser Telefonverkäufer – vermutlich.

Mein Name ist Korek. Aber meine Freunde nennen mich einfach Konrad. Einfach so. Vermutlich, weil das mein Vorname ist. Und “Korek” ist eben mein Nachname. Also für Sie bin ich Herr Korek. Oder Konrad. Ist mir scheißegal. Ich bin Detektiv. Privatdetektiv.

Ich bin jedenfalls ‘n rauer Zahn. Einer von der alten Schule, von der ganz alten Schule, na ja, Sie wissen schon, nä? Mir macht so schnell keiner was vor. Viele haben es versucht, alle sind gescheitert. Schau Dir nur mal mein Büro an. Alles ist aus Holz. Sogar die Schreibmaschine. Die hatte ich selbst gebaut. Schriftgrößen: 10, 12 und 15 mit einer Schreibleistung von elf Zeichen in der Sekunde. Sie besitzt ganze 45 Tasten mit Sonderdruck: Fett, Unterstreichung und eine Wortunterstreichung sind eingebaut, die maximale Papierbreite beträgt 330 Millimeter mit einer maximalen Schreibbreite von 229 Millimetern. Ein old school manueller Papiereinzug; Korrekturspeicher: 90 Zeichen – Ja! Ich wiederhole: Korrek – turspeicher, ein tolles Wort. Wie auch immer ich das geschafft habe, eine Korrekturspeicherung einzubauen. Zentrierfunktion. Dabei steht das gute Schätzchen auch zentral auf meinem Schreibtisch. Hmmm, das Radio auf dem Tisch rechts neben der Schreibmaschine ist ebenfalls aus Holz. Ein Jazz Sender – echt groovey – non stop, die ganze Zeit lief Bass Jazz. Was sonst? Diese Form der Musik verhilft meinem Beruf, meiner Tätigkeit als Privatdetektiv, zum richtigen Ausdruck. Authentizität, na ja, Sie wissen schon, nä?

Hinter mir übernimmt eine große Glasscheibe die Aufgabe einer Wand. Davor hängen Rollos, heruntergelassen, aber geöffnet. Scheibenweise schwebt der Staub dicht vom Licht verpackt in der Luft. Ich rauchte eine Edmundo-Zigarre; 13,5 Zentimeter lang, 2,06 Zentimeter dick. Das ist lang und das ist dick. Ihr mysteriöser Nebeldunstschleierrauch aus Qualm presst sich wuchtig durch die horizontalen Lichtschichten. Beeindruckend. Im hellen Bereich sehe ich wie der Rauch geradewegs gen Decke wälzt, dort wo ein Ventilator hängt, der schon lange nicht mehr funktioniert. Doch im Schatten ist all seine Gewalt versteckt. Also nicht die Gewalt des Ventilators, sondern des Rauchs. Er ist da, aber niemand sieht ihn, niemand rechnet mit ihm. Bis er zuschlägt, wieder verschwindet und wieder zuschlägt. Habe ich erwähnt, dass ich nachts arbeite?

 

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